Waldnutzungskonzept der Mongolei

Vorschlag eines Waldnutzungskonzeptes für die Mongolei



Erarbeitet in der östlichen Randzone des Chentij Schutzgebietes

Naturschutz und Randzonenentwicklung ist die offizielle Bezeichnung des GTZ - Projektes für die östliche Randzone des "Chan Chentie Strenggeschützten Gebietes". Dem Naturschutz hat sich die Randzonenentwicklung, hier in Form der Waldnutzung, unterzuordnen. Eine Waldnutzung bedeutet die Nutzung von Naturprodukten (Urproduktion). Deshalb muss das Waldnutzungskonzept vorrangig die ökologischen Besonderheiten des Chentie beachten. In diese Daseinsfürsorge sind Pflanzen, Wildtiere, Menschen und die Tiere der Hirten einzubinden. Die Wälder der Mongolei haben sich in natürlichen Waldgesellschaften entwickelt, die zurzeit durch die Aktivitäten des Menschen stark gestört und teilweise vernichtet werden. Dieses sind unkontrollierter und unsachgemäßer Holzeinschlag, Feuer und die Beweidung durch Vieh. Ferner findet die Nutzung von Waldnebenprodukten, wie die Jagd, das Sammeln von Abwurfstangen, Kräutern, Beeren, Pilzen und Samen der Zirbelkiefer weitgehend ohne Kontrolle statt.

Auch die globale Luftverschmutzung, der Zerstörung der Ozonschicht mit einer weltweiten Klimaveränderung, macht nicht vor der Mongolei halt.

Durch die Pflege der Wälder, insbesondere durch die Nutzung von Brennholz, sollen die Lebens- und Reproduktionsfähigkeit der Waldgesellschaften und die Holzqualität der stehenden Bäume gefördert werden. Bei der Ernte werden nur einzelne Bäume oder kleine Baumgruppen (max. 500 m) entnommen. Es entsteht keine Kahlfläche. Das Kriterium zur Ernte ist die Produktionsreife des Baumes (bei der Lärche: bevor die natürliche Stammfäule beginnt) oder die Notwendigkeit der Holzverwertung für die Bedürfnisse der örtlichen Bevölkerung.

Die Erneuerung des Waldes findet nur durch natürliche Verjüngung. Eine Pflanzung oder Saat erfolgt nur auf durch Feuer und Insekten zerstörten Wäldern oder auf früheren Kahlschlägen.

Verfahren, Geräte, Maschinen und Stoffe zur Nutzung der Wälder sollen möglichst naturverträglich sein. Deshalb dürfen nur speziell entwickelte Waldmaschinen, Ochsen und Pferde als Hilfe bei dem Holztransport und naturverträgliche Materialien verwendet werden. Die Waldarbeiten sind in der Vegetationsruhe auszuführen.

In Abstimmung mit der Randzonenverwaltung, Herrn Ganbaatar und dem Direktor der Forsteinrichtungsabteilung, Herrn Dr. Enksaikhan, wurden in der Zeit vom 23. Bis zum 28. September 1998 an Waldbeispielen der Wälder von Mongonmort folgende Definitionen über die Nutzungsformen der Wälder der auszuschnäuzender Randzone festgelegt:

a) Schutzwälder: ohne jegliche Nutzung von Holz

b) Schonwälder: zeitweiser Nutzungsverzicht

c) Nutzwälder: Holznutzung in selektiver (für die mongolische Übersetzung: Einzelbaumnutzung), nachhaltiger und ökologisch verträglicher Form

Die unterschiedlichen Einstufungen erfolgten vor Ort an Beispielen. Sie wurden von mir fotografisch und von Herrn Dr. Enksaikhan mittels Videokamera aufgenommen und dokumentiert. Dieses sind die Grundlagen einer Waldnutzungskarte, die vom Institut für Forsteinrichtung für die Randzone erstellt wird. Als Basis werden die vorhandenen Forsteinrichtungskarten verwendet. Die Nummern und Grenzen der Abteilungen sind im Auszuschließenden durch Pfähle markiert, so dass die Orientierung vor Ort erfolgen kann. Pragmatischer Weise erfolgt die Einteilung der drei verschiedene Nutzungsformen abteilungsweise oder unterabteilungsweise.

1.0 Schutzwälder

In Schutzwäldern ist jegliche Holznutzung strikt verboten. Sie besitzen die höchste Schutzstufe. Die Gründe dafür sind sehr verschieden und reichen von seltenen Habitaten bis zu religiös geschützten Wäldern. Diese wurden in sieben verschiedenen Formen unterteilt.

1.1 Flächen der natürlichen Wiederbewaldung in der Übergangszone zur Steppe

Hier in der Kampfzone zwischen Steppe und Wald dauert eine Wiederbewaldung im Schnitt 20 Jahre. Die Baumarten sind Lärche (Larix), Kiefer (Pinus), Birke (Betula) und selten Aspe (Populus). Ein Bodenfeuer, welches die jungen Lärchen unter 12 Jahren trifft sowie Birken und Aspen, lässt diese in der Regel wieder absterben. Die Regenerationsphase des Waldes muss in sehr langen Zeiträumen gesehen werden. Folgende Vorgaben sind zu beachten:

a) keine Pflanzung, nur natürliche Verjüngung

b) keine Heunutzung

c) die Beweidung von Vieh vermeiden

d) Bodenfeuer sind vorrangig zu loschen

1.2 Strauch- und Baumflächen in den Fluss- und Bachtälern der Wälder, keine Flussauen

Die in der Regel schnellfließenden Flüsse führen bei Hochwasser große Mengen Steine und Geröll mit. Bäche mäandrieren stärker und bilden oft breite Sumpfflächen aus. die Bewaldung besteht überwiegend aus den Sträuchern Weide (Salix) und Zwergbirke (Betula). An den Rändern, auf Inseln und in der Übergangszone zu den seitlichen Hängen, wachsen Lärchen (Larix), Birken (Betula) und Pappeln (Populus). Die Auszuschließend dienen dem Erosionsschutz, verlangsamen den Wasserabfluss und sind bedeutend für die beständige Wasserversorgung der örtlichen Bevölkerung. Folgende Vorgaben sind zu beachten:

a) keine Pflanzung, nur natürliche Verjüngung

b) die Beweidung von Vieh vermeiden

c) Bodenfeuer sind zu löschen

1.3 Bewaldete Bergkuppen, Geröllfelder und Hänge über 45 Grad

Auf diesen Extremstandorten wachsen die Baumarten: Lärche (Larix), Kiefer (Pinus silvestris), Zirbelkiefer (Pinus sibirica) und Aspe (Populus Tremula) je nach Gegend und Bodentyp. Ihre Hauptfunktion sind der Schutz vor Erosion, aber auch Landschaftsgestaltung. Folgende Vorgaben sind zu beachten:

a) keine Pflanzung, nur natürliche Verjüngung

b) Bodenfeuer sollte man zu löschen versuchen

1.4 Einzelbäume oder Baumgruppen in der Steppe

Lärchen (Larix) und Ulmen (Ulmus pumila) wachsen oft weit vor dem Wald in der Steppe als Einzelbäume oder in Gruppen, auf für sie besonders günstigen Standorten. Die Ulmen findet man oft am Fuß von Felshängen, wo sie noch auszuschweißend Wasser finden. Diese Bäume sind wichtige Schattenspender für Mensch und Vieh.

1.5 Bewaldete Flächen mit besonderen Habitaten

Wälder, die auf Grund ihrer speziellen Zusammensetzung z. B. Tanne (Abies sibirica), Fichte (Picea obovata), Zirbelkiefer (Pinus sibirica), Kiefer (Pinus silvestris), Lärche (Larix sibirica), Birke (Betula platyphylla) und Zitterpappel (Populus tremula) zu schützen sind. Eingeschlossen sind besondere Habitate von Flora und Fauna (Heilpflanzen), die auf Grund speziellen Wissens als Schutzgebiete ausgewiesen worden sind. (Fachwissen dokumentiert)

1.6 Durch Vollfeuer (hot fire) oder durch Insektenkalamitäten vernichteter Wald

Dem von Feuer oder Insektenkalamitäten vernichteten Ökosystem Wald ist eine längere Regenerationsphase zu gewähren. Eine Holznutzung, auch wenn diese noch so verlockend erscheint, das Holz wäre ja zu gebrauchen, ist auszuschließen! Stehendes und liegendes Totholz sind wichtige Voraussetzungen für die auszuschnäuzenden Wiederbewaldung der Auszuschließenden: wandernder Schatten, Wind ruhe am Boden, bessere und längere Taubildung und schwer für Vieh und Wildtiere zu betreten. Ein günstiges Kleinklima wird erreicht, die Sukzession ganzflächig mit Birke (Betula) erfolgt nicht. Es bildet sich ein buntes Mosaik in den Mischungsformen: Birke (Betula), Aspe (Populus), Lärche (Larix) und Kiefer (Pinus). Grundsätzlich ist auf eine natürliche Verjüngung zu setzen. Die Pflanzung mit den Schlusswaldbaumarten Lärche (Larix) und Kiefer (Pinus) ist möglich; sie sollte nicht flächig, sondern trupp- und gruppenweise erfolgen. Jedes Feuer ist zu löschen, da sonst, die sich neu bildende Biomasse, sofort wieder verbrennt.

1.7 Aus religiösen Gründen geschützter Wald

Die Heiligen Wälder haben in der Mongolei wieder einen hohen Stellenwert. Oft stehen sie um früher zerstörte und heute im Aufbau befindliche Klosteranlagen. Jegliche Aktivitäten sind nicht erlaubt, Feuer ist zu bekämpfen.

2.0 Schonwälder

In Schonwäldern besteht ein zeitlich begrenzter Holznutzungsverzicht, um dem Ökosystem Wald die Möglichkeit zu geben, nach Bodenfeuer (could fire) oder geringem Insektenfraß, eine Regenerationsphase zu durchleben. Eine zeitliche Begrenzung ist festzulegen z. B. auf 5 Jahre. Wird die Waldfläche nicht von kompetenter Stelle freigegeben, verlängert sich der Nutzungsverzicht automatisch. Zwei Unterteilungen sind möglich.

2.1 Schonwälder mit striktem Nutzungsverzicht

In diesen Wäldern hat keine Nutzung von Holz bis zur Freigabe zu erfolgen.

2.2 Schonwälder mit Brennholznutzung, nur für die Bevölkerung

Eine zeitweise, vorsichtige Nutzung von am Boden liegendem, totem Holz zur Deckung des Brennholzbedarfes der Bevölkerung kann erfolgen. Dieses ist von dem zuständigen Ranger zu kontrollieren und zu dokumentieren.

3.0 Nutzwälder

Alle anderen und als solche markierten Wälder sind Nutzwälder. Die Holzernte erfolgt in einer umweltverträglichen, nachhaltigen und selektiven (für die mongolische Übersetzung: Einzelbaumnutzung) Form. Die Nutzungsansätze der drei z. Z. möglichen Baumarten. Lärche (Larix), Kiefer (Pinus) und Birke (Betula) werden mit max. 1,2 cbm pro Jahr und Hektar - unter ihrem Zuwachs von 0,6 bis 1,25 cbm festgelegt.

Generell ist ein 5-jähriger Nutzungsturnus, mit einem Ansatz von 6,0 cbm Holz je Hektar, anzustreben. Bei einem 10-jaehrigen Turnus können 12,0 cbm Holz je Hektar pro Eingriff entnommen werden.

Mit diesem Ansatz liegen wir immer im nachhaltigen Bereich. Die Zielstärkennutzung wird bei Lärche (Larix) ab 40 cm Brusthöhendurchmesser und bevor die innere Stammfäule beginnt, meist ab Alter 120 Jahre und bei der Kiefer (Pinus) mit 60 cm Brusthöhendurchmesser festgelegt. Ist der Holzvorrat unter 120 cbm je Hektar gesunken, erfolgt keine Nutzung. Die Kontrolle ist mit dem Dendrometer möglich. Die Formzahlen der drei wichtigsten Baumarten, Lärche, Kiefer und Birke sind bei mir erhältlich.

Die Definition der Grenze zum Kahlschlag lautet: Höhe der vorhandenen Bäume zum Quadrat, insgesamt nicht mehr als 500 cbm; Baumhöhe in der Zielstärkennutzung 22,5 x 22,5 = ca. 500 Quadratmeter.

Die erfolgten Holznutzungen sind in ein Formblatt abteilungsweise einzutragen. Darauf sind die Hilfsflächen, Hektargrößen und Baumarten mit den entnommen Massen zu dokumentieren. In der Spalte Bermerkungen sind alle wichtigen Informationen zu sammeln wie: Waldbrand, illegale Holznutzungen, Kalamitaeten, Wilderei, Beobachtungen seltener Pflanzen und Tiere, schuetzenswerte Biotope oder aehnliches. Der mit einem GPS ausgeruestete Ranger macht eine genaue Ortsangabe, die immer wiederzufinden ist.

Das Problem einer sauberen Nutzungskontrolle sind die grossen Abteilungen von 600 bis 1.200 Hektar und die sich daraus ergebenen Unterabteilungen in einer Groesse von 20 bis 100 Hektar. Hier befindet sich noch ein Problem fuer den einzelnen Ranger, das erst langsam durch Uebung und Erfahrung bewaeltigt werden kann.

Um eine praktikable Loesung zu finden, wurden die Ranger geschult, die Bestaende zunaechst nach Gefuehl auszuzeichnen. In Durchforstungsbestaenden wurde fuer die Auszeichnung von Brennholz das Schlechte entnommen oder Dichtstand aufgeloest. Bei der Markierung von Stangen fuer den Bau von Winterstaellen erfolgte ebenfalls eine Dichtstandsaufloesung. Beim mittleren Stammholz, fuer den Bau von Holzhaeusern oder bei der Nutzung von starkem Stammholz fuer Saegewerke, wurden Zielstaerkenstaemme gekennzeichnet, im Abstand von mindestens einer halben oder ganzen Baumlaenge der ausscheidenden Staemme.

Fuer den Ablauf der Holznutzungen ist folgendes Verfahren festgelegt: der Lizenznehmer aeussert seinen Bedarfswunsch an Holz gegenueber dem Ranger. Auf Grund seiner oertlichen Kenntnis legt dieser den zu nutzenden Waldteil fest und markiert die zu entnehmenden Staemme durch einen senkrechten Strich mit dem Reisshaken (Dokument). Alle Arbeiten im Wald werden in der Vegetationsruhe durchgefuehrt. Der Lizenznehmer hat sein Holz aufzuarbeiten und an der Rueckelinie oder am Waldrand zu lagern. Nach der Vermessung durch den Ranger und der Bezahlung kann dieses abtransportiert werden. Gleichzeitig mit der Markierung der zu entnehmenden Staemme, haben die Ranger die Rückelinien, auf denen das Holz aus dem Wald transportiert wird, mit einem waagerechten Strich an den seitlich stehenden Bäumen gekennzeichnet. Die entnommenen Holzmengen werden dokumentiert.

Höhlenbäume, Horstbäume, seltene, sehr alte und schützenswerte Einzelbäume oder Gruppen, kleine, ökologisch wichtige Waldteile lassen sich innerhalb des Nutzwaldes mit der Markierung eines "V" (mongolisch: lassen) an den Bäumen schützen.

Alle Lizenznehmer erhalten von den Rangern ein Informationsblatt mit den wichtigsten Verhaltensregeln.

3.10 Nutzwälder im bisher gesetzlich geschützten Bereich

Falls die Praxis der zuvor beschriebenen Verfahren positive Ergebnisse zeigt, ein Zeitraum von 5 Jahren sollte das unter Beweis stellen, ist eine Erweiterung der Nutzwälder in dem bisher gesetzlich geschützten Bereich auszuschnäuzendem. Das könnte besonders als Belohnung für gut funktionierende und ökologisch verträglich arbeitenden CBO`s gelten. Ist der Beweis erbracht worden, dass diese Auszuschießend mit der richtigen Technik und Wissen genutzt werden, sind folgende Nutzungen auszuschnäuzendem.

3.11 Auewälder

Intakte Auewälder sind forstlich gesehen, die höchst produktivsten Waldflächen in der östlichen Randzone Eine selektive Nutzung der Weiden (Salix) und Pappeln (Populus) ist möglich. Diese gibt es z. Z. am Onon.

3.12 Zirbelkieferbestände

Zurzeit werden von der Zirbelkiefer (Pinus sibirica) nur die Früchte (Nüsse) geerntet. Sie sind in der ganzen Mongolei beliebt und werden überall, falls es ein Samenjahr war, angeboten. In den Waldflächen oberhalb von Mongonmort nahe zur Parkgrenze kommt die Zirbelkiefer auf den Bergkuppen in der Mischung mit Lärche bestandesbildend vor. Eine selektive Nutzung ist möglich. Das Holz eignet sich in seiner lebhaften Struktur für die Herstellung von Auszuschnäuzende und den Innenausbau von Häusern. Eine Nutzung dieses Holzes erfolgt zurzeit aus verbrannten Wäldern.

3.13 Grünen Zonen

Die Ausgeschiesenden Zonen bilden einen Radius zwischen 10 bis 30 Kilometer um die Sum- und Aimakzentren. In diesen ist nur die Nutzung des auf der Erde liegenden Holzes zu Brennholzzwecken erlaubt. Eine selektive Holzernte für andere Zwecke kann erfolgen.

4.0 Schlusswort

Dieses Waldnutzungskonzept soll als Grundlage einer zukünftigen Waldnutzung, mit dem Schwerpunkt Holz, dienen. Es soll eine ökologisch verträgliche Nutzung sicherstellen und ist an diesen Vorgaben zu messen. Eine Kritik mit Änderungsvorschlägen ist erwünscht!




Autor: Manfred Vesper